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Werden europäische Gärten künftig (sorten-)ärmer?

Ziel und Zweck einer geplanten EU-Gesetzesvorlage ist es, alle züchterisch veränderten Pflanzen (Nutz- und Zierpflanzen) zu beschreiben, zu registrieren und nur noch jene im Handel zuzulassen, die über die sogenannte Officially recognised description (ORD) verfügen. Es wird befürchtet, dass dies zu einer Reduktion der Zierpflanzen und der Gärtnereien führen könnte.

Besonders intensiv regt sich der Widerstand gegen das EU Pflanzen-Reproduktions-Gesetz in England. Verständlich, denn in keinem EU-Land ist die Arten- und Sortenvielfalt in Gärtnereien und Gärten derart gross. Graham Spencer von Plants for Europe Limited befürchtet in einer Kolumne von „The Guardian“ (26.9.2013), dass sich dies künftig ändern könnte:  „Dieses EU-Gesetz könnte britische Gärten für immer verändern.“ Die Lage ist ernst, das ist klar. Denn auch die altehrwürdige Royal Horticultural Society (RHS) und andere britische Fachverbände rufen zum Widerstand gegen die Gesetzesvorlage auf, die im April 2014 vors EU-Parlament kommt. Obwohl bereits zwei Kommissionen das 150seitige Gesetz deutlich verworfen haben – die landwirtschaftliche und jene für Umwelt, öffentliche Gesundheit und Lebensmittel-Sicherheit – ist der Ausgang der Debatte ungewiss.

Eigentliche Ursache für das Gesetz sind eine Vielzahl von verstreuten Regelungen. Die gesamte Pflanzenvermehrung, von Nutz- und von Zierpflanzen, soll in einem Gesetz zusammen gefasst werden. Ein Kernpunkt des Gesetzes besteht darin, dass sämtliche Sorten genau beschrieben werden in einem mehrseitigen Papier, der Officially recognised description (ORD). Dieser botanische Beschrieb muss sehr umfassend sein, da er die Unterschiede zu anderen Sorten genau klärt. Ob der Beschrieb von Nutzpflanzen-Sorten Sinn macht, kann ich nicht beurteilen. Bei Zierpflanzen ist die Regulierung jedoch problematisch. Jede Sorte, die nicht bereits mit dem Plant Breders Rights (PBR) versehen und dadurch bereits beschrieben ist, benötigt einen ausführlichen, botanischen Beschrieb (2-4 Seiten). Pflanzen, die über keinen Beschrieb verfügen, dürfen künftig nicht mehr gehandelt werden. Heute sind nach wie vor viele Sorten frei handelbar und vermehrbar.

Mit der Einführung dieses Gesetzes und dem Zwang für jede Pflanze eine offizielle Registrierung (ORD) zu verlangen, wird die Produktion verunmöglicht und auf jeden Fall verteuert. Viele Kleinbetriebe, die oft auch spezielle Sortimente anbieten, werden nicht in der Lage sein, diesen Anforderungen nachzukommen. Das dürfte einerseits zu einer Verarmung der Sortimente und/oder zu weniger Gärtnereien führen. In jedem Fall ist die gärtnerische Sortenvielfalt in Gefahr.

In England ist eine Kampagne in Gang, die Vertreterinnen und Vertreter von EU-Kommissionen und Parlamentsabgeordnete anzuschreiben und aufzufordern, Zierpflanzen aus dieser Regelung auszuklammern. 

Das Pflanzen-Reproduktions-Gesetz wird in jedem Fall auch für die Schweiz Folgen zeigen. Die meisten Zierpflanzen (Jungpflanzen, Saatgut) stammen aus europäischen Ländern. Deshalb wird eine Sortenverarmung auch einen direkten Einfluss auf hiesige Gärtnereien und Gärten haben. 

Mehr Informationen und ein Link zum vollen Gesetzestext finden Sie auf der Site der Royal Horticultural Society (RHS).

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