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1 Million Bio-Tulpen aus Holland

Die Perser nannten sie bewundernd  „Traum der Glückseligkeit“ oder „Elixier der Liebe“. Kein Wunder, die leuchtenden Blütenköpfe der Tulpen im Gartenbeet erinnern an einen Festzug bunter Turbane. Doch ihre Schönheit hat einen hohen Preis: ihr Anbau ist ein ökologisches Desaster.

Eine kleine Schar enthusiastischer Tulpenzüchter in Holland hat nun beschlossen: „Schluss mit diesem Umweltfrevel! Wir züchten Bio-Tulpen!“

Einer der ersten Bio-Blumenzwiebelzüchter war Wilbrord Braakman. Schon 1991 begann er, auf einem kleinen Areal Tulpen ökologisch zu züchten und staunte: „Auch ein nicht gedüngtes und ungespritztes Stück Land liefert gute Tulpen.“ Als Kind war er im West-Friesland zwischen Blumen und Gemüse, Land und viel Wasser aufgewachsen. Je älter er wurde, desto mehr Sorgen machte er sich um dieses Stück Land seiner Kindheit. Kein Wunder, denn was er auf den Tulpenfeldern erlebte, schockierte ihn.

Zwiebelweltmeister mit allen Mitteln

Holland ist der Blumenzwiebel-Weltmeister. Jährlich 8,5 Milliarden Krokusse und Narzissen, Lilien, Hyazinthen, Gladiolen, Dahlien und vor allem Tulpen werden hier produziert, mehr als 60 Prozent der weltweiten Produktion. 8,5 Milliarden Blumenzwiebeln! Bisher funktionierte das nur mit einer extremen Ausbeutung der Felder.  Was im Frühling mit der Unschuld leuchtend bunter Farbbänder übertüncht wird, ist in Wahrheit ein Fleckchen Erde, das nur noch mit chemischen Düngern am Leben gehalten wird. Für einen einzigen Hektar Tulpenzwiebelanbau wird 59 kg Gift pro Jahr eingesetzt. Nur beim Anbau von Baumwolle wird noch mehr verbraucht. Um die Schädlinge von den Schönheiten fern zu halten, werden bis zu 130 Kilogramm Unkraut- und Insektenvernichtungsmittel pro Hektar verteilt – sechs Mal mehr als in den anderen Bereichen der holländischen Landwirtschaft. Es wird gesprüht, was geht. 2009 erließ die EU eine neue Umweltschutzrichtlinie, die den Einsatz zahlreicher Pestizide verbot. Mehr als 120 chemische Stoffe dürfen seitdem nicht mehr eingesetzt werden. Trotzdem: was nicht verboten ist, wird verwendet. Das Ergebnis sind 22 000 Hektar Monokultur, in der kaum noch ein Tier lebt. Wenn ein Bauer das Plantagengelände anders nutzen möchte,  muss das verseuchte Erdreich oft bis zu einem Meter tief abgetragen und entsorgt werden. Ausgerechnet der Boden, das wertvollste Gut der Landwirtschaft, wird erbarmungslos zerstört.

Milliardenfältiges Leben

Das mussten auch John und Johanna Huiberts in St. Maartensbrug erleben: „Als wir 1997 den Hof von unseren Eltern übernahmen, stellte sich bei Bodenproben heraus, dass unser Acker nach fast 20 Jahren Tulpenanbau völlig ausgelaugt war.“ Mühsam begannen die Huiberts, die Produktion umzustellen. John Huibert:  „Ich habe als erstes an einem Kurs ‚Bodenleben’ teilgenommen. Dort entdeckte ich das einzigartige ‚eigene Vermögen’ der Natur.“ Der Boden ist wie ein Bergewerk, in dem emsiges Leben herrscht. Fleißige Organismen sorgen für eine gute Bodenstruktur. Doch die Bodenarbeiter müssen gepflegt werden. „Wir pflügen nicht mehr und benützen selbstgemachten Kompost, der aus Weizen, Raps, Hafer und Klee besteht. Seitdem hat sich die Fruchtbarkeit unseres Bodens deutlich verbessert.“ Auch Wilbrord Braakman staunt immer wieder: „Das milliardenfältige Leben in einer Handvoll meiner Erde finde ich sehr faszinierend.“

Eine Schar von Tulpen-Enthusiasten

Wie auch in Deutschland entwickelt sich die Öko-Branche in den Niederlanden rasant. 2002 gaben die niederländischen Konsumenten etwa 400 Millionen Euro für Bio-Lebensmittel aus, zehn Jahre später lagen die Verbraucherausgaben bereits bei einer Milliarde Euro. Laut niederländischem Wirtschaftsministerium gibt es momentan etwa 1.700 zertifizierte Bio-Produzenten. Trotz rasanter Steigerungsraten in den letzten Jahren liegt der Bio-Anteil am Lebensmittelmarkt bei gerade 2,5 Prozent. Noch kleiner ist die Schar der enthusiastischen Tulpen-Landwirte, denen es nicht mehr egal ist, wie sie arbeiten, leben und wie sie mit dem höchsten Gut ihrer Existenz, dem Boden umgehen. Auf gerade einmal 13 Hektar, also weniger als 0,1 Prozent der Fläche aller holländischen Tulpenzüchter, bauen sie die Schönheiten des Frühlings so an, dass sie mit der Natur im Einklang stehen. Bauern wie Wilbrord Braakman. „Auf meinen Feldern werden abwechselnd verschiedene Pflanzen angebaut, um dem Boden die Zeit zu geben, sich zu regenerieren. Dadurch wird die Zusammenarbeit von Wurzel und Mikroorganismus im Boden unterstützt. So werden Schädlinge von natürlichen Feinden bekämpft und wir brauchen keine chemischen Mittel mehr. Meine Blumenzwiebeln sind nicht nur resistenter, sondern auch schöner als normale Sorten. Kümmern wir uns um den Boden, so kümmert der Boden sich um uns und die kommenden Generationen...“

Der Bio-Tulpen-Papst aus Holland

Der Anbau von Bio-Blumenzwiebeln war bisher ein sehr gut gehütetes Geheimnis, denn jeder Züchter hat für sich allein gekämpft. Das will Robert Heemskerk jetzt ändern. Seit Anfang 2014 ist er stolzer Besitzer von „Natural Bulbs“, der gemeinsamen Website dieser Zwiebelzüchter. „Mich hat der Respekt vor Natur, Mensch, Tier und Umwelt dieser Züchter tief berührt. Blumenzwiebeln werden dort nicht fabriziert, sondern es sind Produkte, die mit dem gedeihen, was die Natur zu bieten hat.“ Robert Heemskerk ist buchstäblich zwischen Tulpen, Narzissen und Krokussen geboren. Sein Urgroßvater war Blumenzwiebelzüchter, Opa und Vater waren Händler. Nun ist auch der Sohn den Tulpen verfallen und macht sich auf den Weg, auf „naturalbulbs.de“ der Welt von der Schönheit natürlicher Blumenzwiebeln zu erzählen, um sie in ganz Europa zum Blühen zu bringen. In seinem Gepäck hat er eine Million gesunder Blumenzwiebeln, die darauf warten, in Gärten eingepflanzt zu werden.
 

zum Shop: www.naturalbulbs.de

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