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Nicht nur Lückenbüsser: kurzlebige Pflanzen am Schatten

Bis sich neu gepflanzte Farne, Gräser und langsam wachsende Stauden entwickeln, dauert es ein paar Jahre. Deshalb lohnt es sich zwischen Neupflanzungen und Gehölzen auch kurzlebige Pflanzen (Einjährige, Stauden) anzusiedeln. Über praktische Erfahrungen im waldartigen Park der Gärtnerei Blattgrün bei Rifferswil berichtet Elisabeth Jacob.

Auf den Flächen der ehemaligen Rhododendron-Baumschule hat sich in den letzten Jahrzehnten ein waldartiger Park entwickelt, in dem Rhododendron, Birken und Waldföhren die Struktur bilden. Zwei Teiche sind  dicht mit Wasserpflanzen bewachsen. Das Grundstück (1,2 ha) ist mit hohen Wildhecken eingefasst, die im Sommer Park, Gärtnerei und Wohnhaus völlig verdecken.

Begleitpflanzen zu Rhododendron waren in der ehemaligen Baumschule, eher wenige vorhanden. Mehr Staudenvielfalt in die Rhododendron-Pflanzungen zu bringen, ist deshalb eines unserer Ziele. In einigen Bereichen haben wir die Gehölze aufgeastet, so dass sie einen anderen Charakter ausstrahlen. Den klassischen Heidepflanzen ist es an vielen Stellen zu feucht. Efeu, Waldsteinien und Vinca wachsen nur an wenigen passenden Stellen.

Bild: Park Blattgrün im Sommer (Ungricht)

Bild: Schmalblättriges Weidenröschen (Chamaenerion angustifolium 'Album' (RHS.ORG)

Weidenröschen und Ruprechtskraut

Auf manche Wildkräuter, die sich angesiedelt haben, möchten wir nicht verzichten. Gelegentlich ersetzen wir eine Art durch eine interessantere Sorte wie beispielsweise beim Schmalblättrigen Weidenröschen (Epilobium angustifolium ‚Album’ > neu: Chamaenerion angustifolium ‚Album’). In den extensiven Bereichen entlang von Teichen oder Hecken werden die andernorts ungeliebten Unkräuter zu erwünschten Wildkräutern, die Insekten Nahrung und Unterschlupf bieten. Brennessel, Springkraut, Schachtelhalm und Kriechender Hahnenfuss gehören beispielsweise dazu. Die Bitterkresse (Cardamine amara) soll auch in Salaten prima schmecken. An einigen Orten werden wir versuchen, sie  durch das Dreiblättrige Schaumkraut (Cardamine trifolia) zu ersetzen. Das Ruprechtskraut (Geranium robertianum) hat auch seine Nischen gefunden. In extensiv gepflegten Bereichen lassen wir es gerne stehen, während wir an anderen Stellen die weisse Form ‚Album’ oder ‚Celtic White’ aussäen.   

Andere Storchschnabel-Arten wie Geranium nodosum oder G. phaeum passen gut in Unterpflanzungen von Gehölzen. Sie sind beide eher kurzlebig, versamen sich gerne und eignen sich auch für temporäre Bepflanzungen. Der  Knoten-Storchschnabel (G. nodosum) passt gut unter Gehölzen und hat eine lange Blütezeit. Neben der rosafarbenen gib es weisse (‚Silverwood’), lilafarbene (‚Svelte Lilac’, ‚Simon’) und hell gerandete Sorten (‚White Leaff’). Die Palette wird sich hoffentlich in den nächsten Jahren noch erweitern, denn die Art hat Potential.

Bild: Knoten-Storchschnabel (Geranium nodosum) ist eine eher kurzlebige Art für den Schatten (Hectonichus)

Den Fingerhüten gefällts

Auf den Purpur-Fingerhut (Digitalis purpurea) möchten wir nicht verzichten, seine Bestände sogar noch verdichten, da er sich offensichtlich wohl fühlt. Im letzten Jahr blühte fast die ganze Population ausschliesslich weiss.

Gleich wie beim Purpur-Fingerhut stirbt nach der Samenbildung auch der Rostfarbene Fingerhut (Digitalis parviflora) aus dem Mittelmeerraum ab. Der Farbton seiner Blüten ist einmalig, wenn auch zurückhaltend mit seinem dunkelbraun. Etwas heller im Farbotn blüht Digitalis ferruginea, der Rostfarbene Fingerhut. Beide halten sich wie der erstere zwei bis vier Jahre. Wenn die verblühten Stängel noch vor der Samenbildung abgeschnitten werden und eine Blattrosette stehen bleibt, blüht die Pflanze auch im folgenden Jahr wieder. Wir lassen jeweils einige Fruchtstände versamen, andere schneiden wir ab, so dass wir jedes Jahr Blüten haben. Anders der heimische Grossblütige Fingerhut (Digitalis grandiflora), der sich als robuste Staude etabliert und sich etwas ausbreitet durch kurze Ausläufer.

Kein typischer Schattenliebhaber ist sicherlich der Venuskamm (Scandix pecten-veneris), dem es jedoch an trockenem Halbschatten sehr wohl ist. Im späten Frühjahr bildet er einen weissen, flaumigen Blütenteppich, der toll wirkt zwischen Rhododendron und austreibenden Funkien (Hosta).

Bild: Gelbdolde (Smyrnium perfoliatum) hellt den Schatten auf. (Franz Xaver)

Ein anderer Doldenblütler (Apiaceae), die Gelbdolde (Smyrnium perfoliatum) ist hingegen ein typischer Schattenliebhaber. Das frische Gelbgrün ist ein willkommener Farbtupfer und hellt auf. Die Anzucht wird als schwierig bezeichnet. Mit frischem, selbstgesammeltem Saatgut gelingt sie gut. Allerdings dauert es drei Jahre von der Aussaat bis zur Blüte. Am besten wird an einem geeigneten Ort (schattig, frischer Boden) direkt ausgesät. Mit den Jahren bildet sich ein lockerer Bestand, sofern der Boden nicht zu trocken ist.

Bild: Schmalblättriges Gedenkemein (Omphalodes linifolia) versamt sich moderat und ist überall gern gesehen. (Javier Martin)

Graulaubig am Schatten?

Was passt zu graulaubigen Funkien in einem Garten, in dem die Blattfarbe eher fremd wirkt? Im einjährigen Gedenkemein (Omphalodes linifolia) haben wir eine kurzlebige Begleitpflanze (Frühjahr) entdeckt, die reizend wirkt mit ihren linealischen Blättchen und den feinen weissen Blüten. Sie versamt sich, ist aber zahm und treibt bereits im Spätherbst ihre grauen Blättchen aus.

Bild: Nicht nur die Blüte des Blauen Waldmeisters (Asperula orientalis) sind hübsch sondern auch die Samenstände. (Annie's Annuals)

Die Farbe Blau ist in Blüten stets gefragt. Deshalb wollten wir den Blauen Waldmeister (Asperula orientalis) probieren. Pro Specie Rara vertreibt über Coop die Samen dieser vergessenen einjährigen Zierpflanze. Die kugeligen Blütenstände blühen im Sommer in einem klaren Blau. Es ist eine ausgesprochen hübscher Sommerblüher, der selbst  nach dem Abblühen noch gut aussieht und bis in den Winter hinein gute Figur im Beet macht.

Samen von ProSpecieRara werden übrigens in der Schweiz über Coop vertrieben. (Nachfragen, wenn es ein kleinerer Bau&Hobby nicht im Sortiment hat. )

Bild: Schöllkrautmohn (Stylophorum lasiocarpum) wächst auch im tiefsten Schatten gut. (botany.cz)

Als kurzlebig wird in manchen Beschrieben der Schöllkrautmohn (Stylophorum lasiocarpum) bezeichnet. Bis jetzt hat er sich als zuverlässig staudig erwiesen, sowohl im tiefsten Schatten als auch an absonniger Lage. Seine Verwandtschaft zum Schöllkraut ist nicht nur in der ähnlichen, mohnartigen Blüte sondern auch im gelbbraunen Saft, den er absondert, erkennbar. Das frische, zarte Grün und die unregelmässig gezackten Blätter fallen auf und gefallen mir gut. Langlebiger als der oben erwähnte, soll der Geschlitztblättrige Schöllkrautmohn (S. diphyllum) sein. Das kann ich noch nicht bestätigen, da ich stets falsches Saatgut von dieser Art hatte.

Bild: Sibirischer Portulak (Montia sibirica) ist wintergrün und essbar. (Roger Griffith)

Montia sibirica (auch: Claytonia) ist eine Staude mit einem eher kurzlebigen Charakter. Sie ist ein guter Bodendecker auf trockenen Böden (z.B. unter Nadelgehölzen) und wächst bestens auf Baumscheiben. Das Gute daran ist, dass der Sibirische Portulak essbar ist und im Winter einen Salat aufpeppen kann. (Ich persönlich finde den einjährigen Portulak allerdings schmackhafter.) Die zarten, weiss-rosa, porzellanartigen Blüten (Frühjahr) sind ausserordentlich hübsch, so dass man dem Portulak verzeiht, dass er sich gut versamt.

Blau erwünscht, gelb blüht

Die Gattung der Springkräuter oder Balsaminen (Impatiens) ist in unserem Park durch das heimische (I. noli-tangere) und das eingeführte kleinblütige Springkraut (I. parviflora) gut vertreten. Besonders gerne würden wir blaublühende, winterharte Arten ansiedeln. Mit Impatiens arguta, einer violett-bläulichen Art, haben wir schon gute Erfahrungen gemacht. Die leuchtend blaue Impatiens ‚Blue Diamond’ (= I. namchabarwensis) aus dem Himalaja versuchen wir derzeit auch anzusiedeln, denn ihr Blau ist umwerfend.

Bild: Das Blaue Impatiens (I. namchabarwensis) wird häufig als kurzlebige Topfpflanze unter dem Sortennamen 'Blue Diamond' angeboten. Seine Winterhärte ist in unseren Breitengraden noch ungewiss. (ABC Impatiens)

Mit anderen Himalaja-Bewohnern, die sich eigentlich wohlfühlen sollten in luftfeuchtem, kühlem Klima, den Scheinmohnen (Meconopsis), sind wir noch am Experimentieren. Sicherlich wird es uns gelingen, den einjährigen, Meconopsis cambrica, zu etablieren. Wie aber werden sich seine Sorten entwickeln? Bleiben sie gefüllt, orange oder rot blühend? Wir werden sehen. Natürlich sind uns die blauen Schönheiten von M. betonicifolia, M. grandis, M. x sheldonii ein besonderes Anliegen. Bis wir den richtigen Orte dafür gefunden haben und uns obendrein die Vermehrung gelingt, werden wir noch etwas experimentieren.

Elisabeth Jacob ist Staudenkultivateurin
www.gaertnerei-blattgruen.ch

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