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Pinnegars Garten

Sein Garten ist seine kleine Welt. Hier beginnt er als Lehrling und hier arbeitet er bis ins hohe Alter. Alles, was er hier gelernt hat, musste er meist erst selber erfahren. Aus diesem Gartenreich schöpft er seine Weisheitt, seinen Humor, aber auch seine Eigenwilligkeit. "Pinnegar war Gärtner ... und Gärtner sind eben so", sagt Mrs Charteris, seine Herrin.

 Wer auf dem Lande aufwächst und einer armen Familie angehört, für den war Anfangs des 20. Jahrhunderts in England der weitere Weg vorgezeichnet: der Knabe trat als Knecht bei einem Bauern in Dienst und blieb dies für den Rest seines Lebens. Die Gewissheit, dass er dies nicht wolle und glückliche Umstände führten Bert Pinnegar in eine andere berufliche Richtung. Er trat in den herrschaftlichen Garten von Mrs Charteris als Lehrling ein. In einer Heerschar von Junggärtnern war er dem strengen Regime von Obergärtner Addis unterstellt. Seine botanischen Kenntnisse, die er als Jugendlicher auf den Streifzügen durch Weiden und Wiesen erworben hatte, kamen ihm bei der Gartenarbeit entgegen und mit der Zeit durfte er anspruchsvollere gärtnerische Arbeiten übernehmen, jedoch immer genau beobachtet vom gestrengen Obergärtner. Diese Obergärtner waren die eigentlichen Herrscher der Gärten und oftmals auch ihrer Besitzer. Bis sie allerdings in dieser Position standen, dauerte es mehrere Jahrzehnte. Und wenn der Vorgänger nicht abtreten wollte, dann hatten sie weiter unter ihm zu dienen. Das Wissen erwarben die Gärtner – Frauen gab es keine in diesem Berufstand – bei der Arbeit selbst oder indem ihnen Wissen weiter gegeben wurden von der Herrschaft oder vom Obergärtnern.

Und so wuchs Herbert Pinnegar mit der Zeit in diese Position, erwarb sich das Vertrauen von Mrs Charteris und hielt die Scharen seiner Junggärtner beschäftigt.
Pinnegar beschreibt rückblickend wie er zum Gärtner wurde, schliesslich zum Obergärtner und wie er und Mrs Charteris älter wurden, der Zweite Weltkrieg ausbrach und der einstmals prächtige, vielbestaunte Garten langsam verkam. „Old Herbaceous“ (so viel wie altes Kraut) nennen ihn nun seine jungen Gehilfen im herrschaftlichen Garten. Sie sind frech und Pinnegar kann sich ihrer kaum erwehren. Mrs Charteris wird die Verwaltung des Herrschaftshauses allmählich zu viel. Sie zieht sich in eine Pension ans Meer zurück und verkauft das Haus. Was soll aus Pinnegar werden? Die Zukunft von Old Herbaceous ist ungewiss. Sein ganzes Leben hat er in diesem einen Garten gearbeitet und für diesen Garten gelebt – und nun?
Reginald Arkell zeichnet die ländliche Welt um das Herrschaftshaus, das Leben im Garten und die Person Pinnegars wie jemand, der diese Welt sehr gut kennt. Pinnegar wird als Person geschildert, der nichts über seinen Garten geht. Dies ist sein Reich und das regiert er auf seine liebenswerte, humorvolle, mitunter störrische und schwerfällige Art. „Pinnegar war Gärtner .... und Gärtner sind eben so“, sagt Mrs. Charteris. Damit liegt sie gar nicht so falsch, auch heute nicht.
Und doch ist es eine Welt, die so nicht mehr existiert. Obergärtner sind nicht mehr (oder selten) die Herrschenden grosser englischer Anwesen. Diese gehören nunmehr dem National Trust und die Anlagen werden von Angestellten und Freiwilligen in landesweit ähnlicher Manier gepflegt. Pinnegars Welt ist nicht mehr.  
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